Warum naturnahe Balkone & Gärten einen Beitrag leisten gegen das Insektensterben – Workshop „Schmetterlinge pflanzen“ mit Autorin und Biologin Bärbel Oftring

Am Samstag 25. Juni 2022 hatte ich das Glück bei einem Workshop von Bärbel Oftring mit dabei zu sein. Bärbel Oftring hat bereits über 140 Sachbücher für Kinder & Erwachsene geschrieben. Alle zum Thema Tiere oder Pflanzen. Der Workshop, den ich besuchen durfte, wurde organisiert von der Initiative Essbare Stadt Böblingen und hat in Böblingen auf dem Flugfeld stattgefunden. Unterstützt wurde das Projekt von der Stadt Böblingen, sodass die Teilnahmegebühr nur 5 € betrug – pro Familie! Außerdem war auch die Presse der SZBZ da und hat berichtet.

Bärbel Oftring und ich beim Workshop

Der Workshop ging drei Stunden lang und wurde in zwei Teile aufgeteilt. In Teil 1 erzählte Bärbel Oftring in einen Vortrag darüber, wie wichtig tierisch gute Balkone und Gärten für den natur- & Artenschutz sind. Dabei erklärte sie vorab sehr anschaulich, warum die Insektenvielfalt zurückgeht und warum man bestimmte Arten, wie z.B. den Schwalbenschwanz (Schmetterling) nicht mehr so häufig sieht wie früher. Sie bezog wissenschaftliche Studien mit ein und gab Tipps, was man machen kann, um einen insektenfreundlicheren Garten/Balkon zu gestalten. Im zweiten Teil haben wir unseren mitgebrachten Blumenkasten mit Insektenfreundlichen Kräutern und Pflanzen bepflanzt. Dafür wurden Pflanzen und alles Weitere (Erde, Sand usw.) zur Verfügung gestellt. Beim Bepflanzen gab es weitere Tipps von der Expertin. Mir hat der Workshop auf jeden Fall super viel Spaß gemacht. Einiges habe ich bereits während meines Biologie-Studiums gehört, aber es gab auch einiges an Neuem Wissen für mich. Bärbel Oftring hat den Workshop richtig schön geleitet und ist auf alle Fragen eingegangen. Meine beiden Bücher hat sie auch noch signiert J. Sie hatte auch einen Büchertisch bereit gestellt mit ein paar ihrer Büchern zum Kaufen (und direkt signieren). Jetzt folgen noch ein paar Tipps aus dem Workshop und danach noch ein bisschen zum Inhalt. Viel Spaß.

Kleine Zusammenfassung der Tipps im Workshop:

  • Keine „Pflanzenschutzmittel“ verwenden. Das ist alles Gift. „Die Natur regelt selber“.
  • Heimische Pflanzen wählen, wenn ihr entscheiden könnt.
  • Keine Zierpflanzen mit „gefüllten Blüten“. Die enthalten keinen Pollen und keinen Nektar und sind „tot“.
  • Eine Schale mit Wasser und einem Schwamm, damit die Tiere und Insekten bei warmen Wetter etwas zu trinken haben.
  • Keine zusätzlichen Nährstoffe. Die Erden zum Kaufen enthalten bereits mehr als genug. Im praktischen Teil des Workshops haben wir 1/3 Sand dazu gemischt um die Nährstoffe etwas zu verdünnen.
  • Gute Pflanzen haben ein schönes Wurzelwerk und wuchern teilweise aus dem kleinen Topf bereits aus.
  • Beim Einsetzten in einen größeren Topf/Blumenkasten gut „einmatschen“ mit Wasser, damit die Pflanze gut ansetzen kann.
  • Allgemein zum Thema Rasen/Wiesen: Nicht so oft mähen (2x im Jahr) und „abgeblühte“ Pflanzen stehen lassen. Viele Lebenszyklen von Insekten brauchen länger.
  • Nachts ist es dunkel – Keine unnötigen künstlichen Lichtquellen. Das stört den Biorhythmus.
  • Es gibt tolle Bücher und Internetseiten zu den Themen.

Während des Vortrags gab es einen Exkurs zu Wiesenflächen und der „Ordentliche Gärten“-Problematik. In der Bevölkerung ist leider der „Irrglaube“, dass grün = „gut“ bedeutet und somit ein kurz geschorener, „ordentlicher“ grüner Rasen gut für die Natur ist. Das ist aber nicht so. Der „Ordnungstick“ ist leider ein sehr großes Problem. Wiesen, Gärten und öffentliche Flächen „sollen ordentlich“ aussehen und werden dafür alle 2 Wochen gemäht. Das ist jedoch schlecht für die Artenvielfalt. Die Kräuter haben keine Chance zu wachsen und die Insekten und andere Kleinlebewesen haben nicht genug Zeit ihren Zyklus zu beenden und sterben. Zudem sind auf diesen Flächen kaum Nahrungsmöglichkeiten für die Insekten vorhanden. Das sorgt dafür, dass viele Arten nur noch selten vorkommen/zu sehen sind. Wichtig für die Natur sind „Wilde“ und „bunte Wiesen“. Also Wiesen und Flächen, die nur max. 2x im Jahr gemäht werden (so wie früher). Eine Sommer-Maht im Juni/Juli und eine Herbst-Maht im August/September (Dabei am besten immer 10% stehen lassen). Außerdem sollte man auf den Rasenmäher achten. Kreiselmäher zerstören mehr, während Balkenmäher oder am besten Sensen, deutlich naturfreundlicher sind. So kann man durch richtiges Mähen Insekten- und Pflanzenvielfalt zurückbringen. Weitere Infos dazu gibt’s auf der Seite der Bunten Wiese Stuttgart. Die Initiative von Studenten*Studentinnen der Universität Hohenheim wurde im Jahr 2019 gegründet und informiert zu den Themen. Ihr Ziel ist es die Vielfalt der heimischen Insekten zu erhalten.

Leider sind für einige Menschen die insektenfreundlichen „Bunten/Wilden Wiesen“ nicht „ordentlich“ genug. Man trifft beim Umsetzen von den Umweltfreundlichen natürlichen Wiesen leider oft auf Wiederstand. Da hilft oft nur informieren und ein wenig Kompromissbereitschaft. Eine Freundin hat erzählt, dass sie eine Wilde Wiese angelegt hat und bewusst nicht gemäht hat. Daraufhin wurde sie fast täglich von den verschiedenen Nachbarn angesprochen, dass ihr Garten so unordentlich aussieht. Sie solle doch mal mähen. Ihr wurde sogar angeboten einen Rasenmäher auszuleihen. Selbst das „Aufklären“ war dabei schwierig. Geholfen hat ein „ordentlich gemähter“ Streifen vor der Wilden Wiese (direkt am Gehweg) und ein Infoschild, dass hier eine Wilde Wiese für den Insektenschutz entsteht. Als Überzeugungstipps für Gemeinschaftsflächen wurde im Workshop also mitgegeben (Falls Natur- & Umweltschutz nicht reicht): Ein „ordentlich gemähter Streifen“ vor der Wiese am Weg und: sehr effektiv: Kostet weniger. Natürlich ist es teurer, wenn man alle 2 Wochen mäht, als wenn man nur 2x im Jahr mäht. Lobend wurde auch erwähnt, dass es bereits in vielen Gemeinden und Städten umgesetzt wird und es einige Blühstreifen/Blühoasen gibt (z.B. in Böblingen). Dort muss man natürlich ebenfalls darauf achten, dass möglichst insektenfreundliche und heimische Kräuter und Pflanzen ausgewählt werden.

Auch Samenpäckchen, also Saatgut mit Blütenmischungen für Insekten, war während des Vortrags Thema. Dazu wurde eine Hohenheimer Studie genutzt, die zeigt, dass viele Saatgut-Päckchen, die mit „Insektenfreundlich“ werben, nicht so insektenfreundlich sind, wie sie behaupten. Die wirklich interessanten Arten waren in sehr kleinen Mengen vertreten. Infos dazu könnt ihr auch auf Seite der „Bunten Wiese Stuttgart“ nachlesen. Bärbel Oftring hat auch gleich regionale und heimisches Saatgut vorgestellt und mitgebracht, welches wirklich gut für die Insekten ist. Die Blühmischungen von „Tausend Gärten – Tausend Arten“. Sie haben heimische Pflanzen für vier Regionen Deutschlands zusammengestellt. Bärbel Oftring hat die Saatenmischung Süd mitgebracht, die für hier geeignet ist. Auf der Homepage findet ihr weitere Informationen (auch zum Thema Zusammenarbeit mit Einzelpersonen oder Gärtnereien).

Nach dem ganzen Hintergrundwissen ging es an die Erklärung warum insektenfreundlich bepflanzte Balkone und Gärten so wichtig sind. Sie bieten nämlich wichtige Zwischenstationen für die Tiere, die von einem Gebiet ins nächste zu fliegen/bewegen. Die Tiere können sich „auftanken“ und neue Energie sammeln. Außerdem macht es uns Menschen glücklich einen schönen belebten Balkon zu haben. Mit Nisthilfen kann man sogar zusätzliche tolle Naturbeobachtungen erleben. Belebte Balkone und Gärten können zwar nur selten einen festen Heimatort bieten, dafür aber wichtige Pause-Plätze und Nahrung, um lange Strecken zu überbrücken. Sie vernetzten somit wichtige Standorte und sorgen dafür, dass die Insekten sich ausbreiten können. Wie Bärbel Oftring so schön sagt: „Mein Traum ist ein Netzwerk naturnaher Gärten und Balkone durch ganz Deutschland – Solche „Oasen und Naturstätten“ könnten einen Beitrag leisten gegen das Insektensterben“.

Falls ihr es also bis hier her geschafft habt mit dem Lesen: mit eurem naturnahen Garten oder Balkon könnt ihr also einen Beitrag leisten gegen das Insektensterben – und ist es nicht das, was wir alle wollen?

Ich hoffe, dass euch mein kleiner Beitrag gefallen hat und ihr vielleicht den ein oder anderen Tipp für einen naturnahen und insektenfreundlichen Balkon/Garten umsetzt. Ich freue mich auch über eure Kommentare dazu. Erzählungen und Fragen sind natürlich sehr willkommen. Viele liebe Grüße von eurer MermaidKathi

P.S.: Falls ihr es noch nicht mitbekommen habt: Ich bin selber Biologin und das Thema/die Themen liegt mir sehr am Herzen, weshalb ich mich natürlich besonders gefreut habe beim Workshop dabei sein zu können.

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